Professorin für Wirtschaftsprivatrecht und Unternehmensrecht an der Hochschule München
Professorin für Wirtschaftsprivatrecht und Unternehmensrecht an der Hochschule München
Jahrgang: 1980 | Geschäftssitz: München
Dr. Susanne Wende ist Volljuristin. Sie befasst sich seit ihrem Studium mit Nachhaltigkeitsthemen im Recht. Ihre Masterarbeit und ihre Promotion beschäftigten sich mit verschiedenen rechtlichen Mechanismen, um Gemeinwohlziele in einem wettbewerblichen System zu verankern (im Beihilfenrecht, Vergaberecht, Völkerrecht). Sie ist seit ca. 10 Jahren Rechtsanwältin mit einem Schwerpunkt im Bereich Product Compliance, Produkthaftung und Regulierungsrecht. Im Moment unterrichtet sie an der Technischen Universität Berlin internationale Studierende im europäischen Energierecht und forscht zu rechtlichen Fragen der Energiewende.
Gast bei Diskussionsrunden | Speakerin | Schulungen
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Ich unterrichte im Masterstudiengang „European and International Energy Law“ an der TU Berlin verschiedene wettbewerbs- und energierechtliche Themen. Die Absolvent*innen des Studiengangs werden an verschiedensten Positionen die nächsten Jahre der Energie- und Wirtschaftswende mitgestalten. Aus meiner Sicht ist es für die Entwicklung hin zu einer nachhaltigen sozialen Marktwirtschaft in Europa und weltweit dringend notwendig, dass wir vielmehr interdisziplinär arbeiten. Ein Beispiel: Die Klimaziele lassen sich in dem ambitionierten Zeitrahmen nur erreichen, wenn alle Beteiligten, also z.B. Ingenieur*innen, Ökonom*innen und Jurist*innen zusammenarbeiten. Dafür müssen sie zunächst eine gemeinsame Sprache sprechen.
Schon während des Jura-Studiums an der FU Berlin habe ich am Institut für deutsches und europäisches Wirtschafts-, Wettbewerbs- und Regulierungsrecht gearbeitet, so dass Jura ohne die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Rechtsordnung, der Kohärenz seiner Teilgebiete und mit den systematischen Zusammenhängen für mich nie denkbar war. Nach acht Jahren an der Universität zog es mich zunächst in die Praxis, um all das Gelernte umzusetzen und in der Rechtsberatung anzuwenden. Die Zeit hat mein Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge sowie businessseitige Entscheidungskriterien geschult und meinem Verständnis des Rechtssystems und seiner Bedeutung nochmal einen ganz neuen Drive gegeben. Ich wollte immer beides, praktische Anwendung und wissenschaftliche Durchdringung und Mitgestaltung des Rechtsrahmens. Das wurde im Laufe der Jahre, auch wegen der Vergrößerung unserer Familie, kontinuierlich schwieriger miteinander zu vereinbaren. In den nächsten Jahren kommen bei der Gestaltung eines funktionierenden und nachhaltigkeitsfördernden Rechtsrahmens viele Herausforderungen auf die Rechtswissenschaft zu. Da ich mich entscheiden musste – und durfte – möchte ich diese Entwicklung mit meinem Beitrag in Wissenschaft und Lehre unterstützen.
Nachhaltigkeit hat in meinem Leben schon immer eine Rolle gespielt. In meinen letzten Schuljahren wurde die Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen gegründet, in der ich mich einige Jahre aktiv engagiert habe. So habe ich sehr früh einen Blick dafür bekommen, dass Nachhaltigkeit ein umfassendes Thema ist, das ökologische, aber auch soziale, arbeitsmarktpolitische, bildungs- und gesundheitspolitische Aspekte hat. Ein Mitdenken nachhaltiger Entwicklung hat mich seitdem immer begleitet, beruflich wie privat.
Gerade in Europa befindet sich die gesamte Wirtschaftsordnung in einem umfassenden Umbruch. Die Europäische Kommission präsentiert im Moment ungefähr jeden Monat neue Gesetzesvorschläge zur umfassenden, einheitlichen und kohärenten Gestaltung dieser Wirtschaftsordnung mit einem Fokus auf Klimaneutralität, Digitalisierung und Nachhaltigkeit.
Nachhaltigkeit betrifft alle Lebensbereiche und hat viele Facetten. Eine der größten Herausforderungen – und zugleich seit jeher ein Ziel der Rechtswissenschaft – ist die Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Sie ist gerade für ein so vielseitiges Thema wie Nachhaltigkeit schwierig umzusetzen. Und dann gibt es auch noch den Wunsch, Regeln so einfach wie möglich zu gestalten, um möglichst viele Beteiligte zur Einhaltung der Regeln zu motivieren. Diese Herausforderung kann nur durch offene, interdisziplinäre Zusammenarbeit gemeistert werden.
Die Rechtsordnung bildet den Rahmen für unser tägliches Handeln und hat verhaltenslenkende Wirkung. Das betrifft sowohl den Einzelnen als auch Unternehmen. Recht kann nicht nur mit Verboten und Sanktionen bestimmte Handlungen unterbinden, sondern auch sehr kreativ durch fördernde Anreize bestimmte Verhaltensweisen herausfordern. So ist zum Beispiel das Beihilfenrecht ein Instrumentarium, mit dem politischen Zielen zur Wirksamkeit verholfen werden kann – wenn es überlegt und im Rahmen eines in sich stimmigen Gesamtkonzepts eingesetzt wird.
Man darf nie vergessen, dass Nachhaltigkeit umfassend ist und viele Facetten hat. Sie erschöpft sich nicht im Klima- oder Artenschutz (die sich übrigens bereits gegenseitig in die Quere kommen können).
Ich lege so viele Strecken wie möglich mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurück, auch wenn das Wetter ungemütlich ist. Das haben auch unsere Kinder glücklicherweise so übernommen. Wir versuchen, so viel wie möglich regional einzukaufen und so wenig wie möglich wegzuwerfen. Letzteres bedeutet auch, manche Dinge gar nicht erst anzuschaffen.
Der Gedanke an die kommenden Generationen und der Wunsch, ihnen eine lebenswerte Welt zu übergeben. Generationengerechtigkeit braucht Zuarbeit aus beiden Richtungen. Konkreter sind es meine drei Kinder, die mir das Ziel und den Weg jeden Tag aufs Neue zeigen.
„Emissionen drastisch gesenkt – Zufriedenheitsindex deutlich gestiegen: Kohärenter Rechtsrahmen implementiert die richtigen Instrumente für nachhaltige Wirtschaftswende“