• Dr. Christine Lemaitre

    Dr. Christine Lemaitre

    Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.

    Bauen / WohnenNGOs / Verbände etc.
    Lass uns etwas Verrücktes machen und einfach loslegen!

"Nachhaltiges Bauen muss das neue Normal werden!" Dafür arbeitet sie jeden Tag.


Dr. Christine Lemaitre

 

Person

Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.

Jahrgang: 1975 | Geschäftssitz: Stuttgart

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Dr. Christine Lemaitre, geboren in Gießen, studierte Bauingenieurwesen an der Universität Stuttgart. Nach einem beruflichen Aufenthalt in den USA war sie ab 2003 am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren der Universität Stuttgart beschäftigt und ab 2007 bei der Bilfinger Berger AG. Im Januar 2009 übernahm sie die Leitung der Abteilung System bei der DGNB. Seit Februar 2010 ist Dr. Christine Lemaitre Geschäftsführender Vorstand der DGNB. Sie ist seit 2016 Mitglied des Vorstands des World Green Building Council (WGBC), außerdem Mitglied im Beirat für Baukultur des Landes Baden-Württemberg, dem Nachhaltigkeitsrat des ZIA und im board of directors des Cradle to Cradle Product Innovation Institutes. Des Weiteren ist sie Co-Initiatorin der internationalen Planerinitiative Building Sense Now, des europäischen Netzwerks zur Erreichung der UN Nachhaltigkeitsziele (SDGs) G17 und Vorstand der 2019 gegründeten Wissensstiftung.

 

THEMEN

nachhaltiges Bauen | nachhaltige Baustoffe | Kreislaufwirtschaft | Circular Economy | Klimapositive Gebäude | Klimapositive Städte | Klimaschutz | Klimapositiver Gebäudebestand | Nachhaltigkeit in der Architektur | der Mensch im Mittelpunkt des Bauens | Passive Lösungen für nachhaltiges Energiemanagement

 

Einsatzgebiete

Expertin und Referentin u.a. bei Fachtagungen und Kongressen

 

#DGNB #NachhaltigesBauen #Klimapositiv #CircularEconomy #PhaseNachhaltigkeit #KlimapositiveStadt

Interview

Was genau machst Du beruflich im Bereich der Nachhaltigkeit?

Ich bin Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.. Die DGNB ist eine Non-Profit Organisation, die sich dafür einsetzt, dass nachhaltiges Bauen zum neuen Normal wird. Als Hauptinstrument für diese erforderliche Markttransformation haben wir ein Zertifizierungssystem zur Bewertung und damit Optimierung von Gebäuden und Quartieren entwickelt.

Wie bist du dahin gekommen, wo du jetzt bist?

Wahrscheinlich mit viel harter Arbeit, nicht aufgeben und einer gewissen Penetranz, die sich aus der Überzeugung ergibt, dass unsere gebaute Umwelt besser und nachhaltiger gestaltet werden muss und es hierfür einen systemischen und strukturierten Transformationsprozess braucht.

Hat Nachhaltigkeit schon immer eine Rolle gespielt in Deinem Leben oder gab es den berühmten Change?

Ja, auf jeden Fall. Aber in Bezug auf Bauen und die Relevanz und Verantwortung, die unsere gebaute Umwelt hat, war sicher einer meiner Professoren – Jörg Schlaich – am prägendsten. Er hat mit seinem Büro eine große Brücke in Indien geplant, und durchgesetzt, dass die Stahlbrücke genietet und nicht geschweißt wird. Das Schweißen hätten Firmen aus China gemacht. Das Nieten dagegen war eine lokale Technologie. So hatten die Menschen, die im Umkreis der neuen Brücke lebten, die Möglichkeit, durch den Bau der Brücke Geld zu verdienen. Dieses Projekt und diese ganzheitliche Wahrnehmung von Verantwortung haben mich sehr beeindruckt.

Grundsätzlich sehe ich das Thema „Trends“ sehr kritisch. Gebäude haben Nutzungsdauern von idealerweise 50 und mehr Jahren. Das bedeutet, wir müssen mit Ruhe und Überlegtheit agieren und nicht den neuesten Trends folgen, die dazu führen, dass man Gebäude nach einigen Jahren wieder umbaut. Ein Thema, welches die Immobilienbranche aktuell umtreibt, ist die Frage nach New Work: Wie arbeiten wir in Zukunft und wie gestalten wir die entsprechenden Flächen und Angebote für Mitarbeiter?

An welchen Punkten stößt Du, stößt Dein Unternehmen oder Deine Branche an Grenzen in der Nachhaltigkeit und wie löst Ihr diese Herausforderung?

Es sind nicht Grenzen der Nachhaltigkeit, an die wir stoßen. Vielmehr setzen wir uns Grenzen durch Bedenken und einem Nachhaltigkeitsbauchgefühl. Auch nach über fünfzehn Jahren DGNB und über 10000 vergebenen Auszeichnungen für nachhaltige Gebäude müssen wir noch erklären, welchen Mehrwert eine nachhaltige Bauweise hat. Es kann nicht sein, dass wir immer noch Sorgen bzgl. Mehrkosten aus dem Weg räumen müssen, anstatt darüber zu sprechen, wie wir leben wollen.

Wie kann Deine Arbeit oder Deine Branche dazu beitragen, die Welt nachhaltiger zu machen?

Ein großer Anteil der weltweiten C02-Emissionen resultiert aus dem Energieverbrauch von Gebäuden und der Produktion der erforderlichen Baumaterialien. Vor dem Hintergrund brauchen wir eine andere Haltung und ein damit verbundenes ganzheitliches Qualitätsverständnis. Dafür setzen wir uns bei der DGNB aktiv ein. Darüber hinaus geht es aber auch um unseren Lebensraum – unsere gebaute Umwelt. Wir sind so vielen Veränderungen durch äußere Einflüsse und den Klimawandel ausgeliefert. Bauen sollten wir endlich als Chance verstehen. Wir können unsere gebaute Welt so gestalten, dass wir uns darin wohlfühlen und gesund und glücklich leben können!

Was war der Auslöser für die Gründung der DGNB?

Bei der DGNB bin ich seit vierzehn Jahren. Als ich angefangen habe, waren wir sechs Personen in der Geschäftsstelle, heute sind wir über 90. Ich habe die DGNB nicht gegründet, aber mit aufgebaut. Die Gründung der DGNB war im Jahr 2007 längst überfällig. Ich bin froh, dass wir uns nicht haben bremsen oder demotivieren lassen durch die mit der Gründung einhergehenden formellen und strukturellen Themen.

2021 habe ich eine Stiftung gegründet, deren Ziel es ist, kostenfreies und direkt anwendbares Wissen zur Verfügung zu stellen. Auslöser war, dass oft suggeriert wird, alles müsste nochmal erforscht und durchdacht werden, bevor man ins Handeln kommt. Mit der Wissensstiftung wollen wir das richtige Wissen einer breiten Anzahl an Menschen zur Verfügung stellen, die dieses sofort in ihren Projekten umsetzen können. Das sind vor allem diejenigen, die heute schon im Berufsleben stehen und Dinge heute verändern können und müssen.

Was waren die größten Hürden und wie hast Du diese gemeistert?

Die Bürokratie. Es ist schwierig etwas voranzubringen, das nicht ein Produkt oder ein neues Businessmodell ist. Das liegt an den aktuellen Regelungen und ist auch schwierig in die Köpfe der Menschen zu bringen. Es ist schade, dass man für gute Themen und Aktivitäten fast mehr Energie und Durchhaltevermögen braucht, als wenn man einfach nur Geschäftsinteressen im Blick hat.

Was möchtest Du jungen Menschen in Sachen Nachhaltigkeit mit auf den Weg geben?

Fangt nicht immer wieder von vorne an! Es ist auf der einen Seite schön zu sehen, wie das Thema Klimaschutz bei jungen Menschen immer mehr an Relevanz zunimmt. Dabei ist es mir ein großes Anliegen, dass wir aber auch auf dem aufbauen, was es schon gibt; ansonsten verlieren wir immer mehr Zeit und kommen nicht voran. Daher meine Bitte an alle jungen engagierten Menschen: Nehmt euch die Zeit und schaut, was es schon gibt. Stellt auch gerne kritische Fragen an Organisationen wie die DGNB oder andere Umweltverbände und fordert auch von dort konkrete Antworten ein!

Inspiriere uns – wie gestaltest Du Dein Arbeits- und Dein Privatleben umweltschonend?

Inspirierend verhalte ich mich sicher nicht immer. Mein Mobilitätsverhalten ist nicht sehr vorbildlich, da ich permanent dabei bin mein Arbeits- und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Ich habe drei Kinder und bin daher öfters zeitlich sehr eingespannt und fahre daher zu viel Auto – aber zumindest voll elektrisch. Ansonsten zieht sich meine Begeisterung für das Bauen natürlich durch alles, was ich tue. Bei der DGNB achten wir beim ganzen Office Management, beim Ausbau und Betrieb der Geschäftsstelle auf das Thema Nachhaltigkeit.

Was treibt Dich an?

Die Freude an dem, was ich tue und dass auch Fortschritt erkennbar ist. Das Schöne am Bauen ist, dass man das fertige Gebäude anfassen und erleben kann. Wir haben in sechzehn Jahren Zertifizierung dazu beigetragen, dass viele gute und inspirierende Gebäude entstanden sind. Das ist schön zu sehen und es motiviert mich, von den Menschen, die dort leben oder arbeiten, ein positives Feedback zu bekommen!

Von welcher Positiv-Schlagzeile aus Deiner Branche zum Thema Umweltschutz träumst Du?

Der Gebäudesektor erfüllt die Klimaziele von Paris im Jahr 2030!

Christine Lemaitre zu Gast in der Speaker-Serie "Empowering the Future"

Empowering the Future ist eine Speaker-Serie von Futurewoman in Kooperation mit der transform academy. In dieser Ausgabe mit Christine Lemaitre: Nachhaltiges Bauen konkret umgesetzt

Futurewoman – Empowering Women in Sustainability