Rückblick

Ich teile jetzt mit meinen Nachbarn

Foto: Irina Blok via Unsplash
Foto: Irina Blok via Unsplash

Auf Senden gedrückt… gerade habe ich mal wieder eine Fleischbestellung in meine Heimat geschickt – per Mail. "Mein Metzger" Holger Kleinjung bringt mir die Ware dann mit nach Köln, wenn er das nächste Mal auf Tour ist, um diverse Restaurants hier in der Stadt zu beliefern. Warum ich nicht einfach in das nächste Metzgerei-Fachgeschäft oder einen Bio-Supermarkt in Köln gehe? Dafür gibt es mehrere Gründe:

GUTES GEFÜHL

Bei Holger weiß ich sicher, dass die Tiere artgerecht gehalten wurden, dass Gentechnik im Futtermittel verboten ist, ebenso wie Soja. Und Medikamente werden nicht zur Wachstumsförderung eingesetzt. Denn Holger ist Mitglied bei Bergisch Pur.

BEZAHLBAR

Trotz der hohen Qualität sind die Preise bei Holger völlig auf dem Boden geblieben. Nicht vergleichbar mit Bio-Fleisch in der Großstadt. Liegt daran, so hat Holger mir das mal erklärt, dass ihm seine Stammkunden auf dem Land davon laufen würden, wenn er plötzlich die Preise anheben würde.

FLEISCHKONSUM REDUZIEREN

Meine regelmäßigen Bestellungen alle 3 Monate führen auch automatisch dazu, dass der Geflügel- und Fleischkonsum in unserer Familie ein vernünftiges Maß hat. Ins Kühlfach passt nur eine gewisse Menge rein und ich kaufe fast nie woanders als bei Holger. Und last but not least hole ich mir mit Holger´s Lieferung ein Stück Heimat nach Hause.

TASTE OF HEIMAT – EIN MEGATREND

92 Prozent der Verbraucher achten auf regionale Herkunft (Quelle: Ökobarometer 2013). Dass "regional" draufsteht, ist für viele sogar wichtiger, als "bio". Aber was genau ist denn regional? Das ist gar nicht so leicht zu beantworten.

Verbraucher glauben, dass regional folgendes bedeutet:
ohne Gentechnik
umweltfreundliche Herstellung,
keine Verwendung von Pestiziden,
Hormonen und Antibiotika

Die offizielle Definition von "regionalen Lebensmitteln", die sich bspw. auf der Homepage der Verbraucherzentrale findet, hört sich so an: "Regionale Lebensmittel sind Produkte aus der Region für die Region für eine regionale Nahrungsmittelversorgung. Produktion und Vermarktung der Produkte finden in einer geografisch eng abgrenzbaren Region statt."

Was eine "geographisch eng abgrenzbare Region" ist, kann übrigens von der Dorfgemeinschaft bis zu einem gesamten Bundesland alles sein. Aber das ist dann eben auch das Maximum. Normalerweise…

SKANDALE AUCH BEIM STICHWORT REGIONAL

Denn auch mit dem Wort "regional" wurde natürlich schon Schindluder getrieben. "Regional" wurde da manchmal sehr großzügig ausgelegt. Viel zu großzügig. Ja, die Produzenten sind manchmal sehr böse zu uns Verbrauchern. Und das schürt Misstrauen. Dabei bedeutet "regional" für den Konsumenten eigentlich genau das Gegenteil von Misstrauen. Nämlich Vertrauen, Transparenz – durch besonders große Nähe.

Um dieses Vertrauen zu erhalten und zu bestärken, kämpft die Regionalbewegung NRW gemeinsam mit dem Verein Taste of Heimat für eine neue, einheitliche und verbindliche Definition des Wortes "regional" in Bezug auf Lebensmittel und andere Waren.

Heute war ich dazu auf dem Fachkongress "regional is(s)t besonders" in Köln eingeladen. Dort ging es neben der Frage der Definition vor allem darum, wie man die Vermarktung von wirklich regionalen Produkten voran treiben kann. Denn regional bedeutet auch: Kurze Wege, weniger CO2-Ausstoss und damit ist das natürlich ein begrüßenswerter Faktor in Sachen Klimaschutz.

REGIONALE LEBENSMITTEL FÜR ALLE?

Das geht tatsächlich gar nicht. Zumindest noch nicht. Um alle Menschen in Deutschland mit regionalen Lebensmitteln zu versorgen, fehlen schlichtweg die Kapazitäten. Auch eine flächendeckende Versorgung von Schulkantinen mit regionalem Obst, Gemüse und Fleisch ist derzeit völlig utopisch.

Deshalb stellt Peter Schmidt, Geschäftsführer Bergisch Pur und Vorstandsmitglied bei Taste of Heimat, eine klare Forderung an die Regierung: Die politischen Rahmenbedingungen müssen so angepasst werden, dass die kleinen regionalen Betriebe ihre Produktion deutlich erhöhen können, ohne dabei in finanzielle Schieflage zu geraten.

EHRGEIZIGE ZIELE FÜR KÖLN UND GANZ DEUTSCHLAND

Dass diese Forderung nach Gleichberechtigung zwischen kleinen Bauern und großen Unternehmen Gehör findet, wäre dringend notwendig, wenn der Verein Taste of Heimat seinen ehrgeizigen Plan für 2016 durchsetzen will: Für Köln und Umgebung soll ein Ernährungsrat geschaffen werden, der dann eine Ernährungsstrategie für die gesamte Stadt ausarbeitet. Alle Bürgerinnen und Bürger sollen dadurch die Möglichkeit haben sich gesund und regional zu ernähren und gleichzeitig soll die bäuerliche Landwirtschaft im Umland erhalten bleiben. Später sollen andere Städte bundesweit von dem Modellprojekt in Köln profitieren.

WAS KÖNNEN WIR TUN, BIS ES SO WEIT IST?

Lassen Sie sich nicht bescheissen! Informieren Sie sich, was wirklich regional ist. Die Regio App kann dabei helfen.

Freuen Sie sich über die Gemüse- und Obstsorten, die gerade Saison haben. An Weihnachten gibt es halt keine Erdbeeren. Dafür schmecken sie dann im Sommer umso besser. Und wenn Sie saisonal einkaufen, dann geht gesunde und regionale Ernährung auch günstig. Das habe ich schon im Sommer in diesem Video mit Peter Zens besprochen, Inhaber des Gertrudenhof bei Köln.

Erklären Sie Ihren Kindern, dass Lebensmittel nicht in der Fabrik hergestellt werden. Erschreckend viele Kinder haben keinerlei emotionalen Bezug mehr zu dem, was sie essen. Aber das kann man ändern, sagt Dorothee Schmitz von der Gemüse Ackerdemie. Die gemeinnützige und unabhängige Organisation legt für Schulklassen Gärten an, um diese dann gemeinsam mit den Schülern zu beackern. "Schon nach kürzester Zeit übernehmen die Kinder große Verantwortung für ihre Pflanzen und gehen total auf in ihrer neuen Aufgabe", erzählt Dorothee Schmitz bei ihrem Vortrag auf dem Fachkongress in Köln.

Sie können auch gemeinsam mit Ihren Kindern ein Stück Land mieten und bepflanzen. Hierzu gibt es zahlreiche Angebote. Auf dem Fachkongress hat sich Meine Ernte vorgestellt. Auf die Frage, was sie von anderen Anbietern unterscheidet, antwortet Tobias Schmitz selbstbewusst: "Wir haben´s erfunden und bei uns werden die Kunden extrem gut betreut."

Bei den Kindern anfangen – diese sinnvolle Idee verfolgt auch das Naturgut Ophoven, deren Arbeit ich schon seit einigen Jahren verfolge und auch als Botschafterin für das Naturgut unterwegs bin. Aus der Arbeit des Naturgutes mit den Kindern ist ein schönes Buch entstanden, das vielleicht ein hübsches Geschenk ist.

Futurewoman – Empowering Women in Sustainability