Zero-Waste-Aktivistin und Geschäftsführerin von monomeer
Zero-Waste-Aktivistin und Geschäftsführerin von monomeer. Alles ohne Plastik
Jahrgang: 1978 | Geschäftssitz: Konstanz
Dr. Susan Rößner
Nachhaltiger Online-Shop | Ethische Unternehmensführung | Politische Dimension von Lieferketten | Unternehmensführung ohne die klassischen sozialen Medien | Gemeinwohlbilanzierung | Ehrenamt im Nachhaltigkeitsbereich | Zero Waste | Mehrweg | Unverpackt-Läden | Degrowth
Speakerin | Interviewpartnerin | Gast bei Diskussionsrunden | Workshop-Moderation und -Begleitung für Unternehmen, Kommunalverwaltungen und Schulen | Zero-Waste-Beratung für Unternehmen & Privathaushalte
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Ich führe den ältesten bestehenden Zero-Waste-Onlineshop Deutschlands, monomeer.de, und einen Unverpackt-Laden in Konstanz am Bodensee. Zudem berate ich Unternehmen und Privathaushalte, wie sie Müll vermeiden können, und begleite Bürgerbeteiligungsprozesse bei kommunalen Zero-Waste-Projekten.
Ich bin seit 2013 Zero-Wasterin und habe damals schnell feststellen müssen, wie schwierig es ist, Produktalternativen ohne Plastik zu finden. Mittlerweile gibt es superviele tolle Produkte auf dem Markt, aber damals war das für mich Anlass, mein Business zu gründen, gute plastikfreie Produkte zu finden und damit anderen die mühsame Suche zu ersparen.
Ich habe schon als Kind Autofahrer*innen an der Bahnschranke kryptische Zeichen gegeben, dass sie doch bitte ihren Motor abstellen mögen. Später jedoch war zwischen mir und dem Thema Nachhaltigkeit erstmal Funkstille. Mein plastikfreies Leben und mein Weg zur Nachhaltigkeit begannen, als ich auf einer Forschungsstation in Kanada den Film „Plastic Planet“ von Werner Boote sah. Draußen warteten die Eisbären darauf, dass das Meer zufriert; jedes Jahr kommt dieser Zeitpunkt später. Der Klimawandel, der dort so deutlich wurde, hat auch mit unserem Plastikkonsum zu tun. Die Zusammenhänge finde ich mega spannend.
Wenn man auf den Onlinehandel schaut, dann geht es schon seit längerem um wiederverwendbare Verpackungslösungen und emissionsfreie Auslieferungen. Ich finde es mindestens genauso wichtig, Kund*innen zu mündigen Kaufentscheidungen zu befähigen, etwa indem ich eine umfassende Produktbeschreibung anbiete und auch mal das Für und Wider eines Produkts diskutiere. Das reduziert nicht nur Retouren, sondern bringt uns auch ins Gespräch darüber, was wir wirklich brauchen und was an einem Produkt wichtig ist.
Das Verpackungsaufkommen im Onlinehandel ist sicher die größte Herausforderung. Mangels praktikabler Lösungen tun wir, was wir können, im bestehenden (Einweg-)System: Gebrauchte Kartons und Füllmaterial verwenden, extrem effizientes Verpacken, nach Möglichkeit keine Teillieferungen und Verpackungsmaterialien ohne Plastik.
Ich denke, dass sich Einzelhändler*nnen, egal ob online oder stationär, nicht scheuen sollten, für Kund*innen vorweg Konsumentscheidungen zu treffen – gerade im Nachhaltigkeitsbereich. Mehr als andere sollten wir „grünen“ Businesses Vorreiter darin sein, ganzheitlich nachhaltige Entscheidungen zu treffen, auch wenn dies auf Kosten des Profits geht. Alles andere wäre entweder nur Greenwashing oder Grüne Ökonomie. Für mich heißt das: Wir brauchen Nachhaltigkeit in ökologischer, politischer und sozialer Hinsicht.
Um da weitergehen zu können, braucht es natürlich Prinzipien. Zu meinen Prinzipien zählen: keine sozialen Medien von Facebook & Google, keine Produkte aus Diktaturen, keine Produkte mit Palmöl. Könnte ich ohne diese Prinzipien viel mehr verkaufen? Oh ja. Könnte ich nachts schlafen? Nicht so gut. Es kommt schon längst nicht mehr nur auf ein „Besser“, sondern auch auf ein „Weniger“ an, und dies bedeutet: Komplett anders.
Ich habe monomeer.de gegründet, als ich gemerkt habe, wie schwierig es ist, plastikfreie Alternativen zu herkömmlichen Produkten zu bekommen. Diese Marktlücke habe ich genutzt. Das war 2014 und monomeer ist mittlerweile der älteste bestehende Onlineshop für plastikfreie Produkte in Deutschland.
Ich habe den Gründungsprozess nie als besonders kompliziert erlebt. Allerdings ist monomeer nach wie vor ein kleines Unternehmen. Ich glaube die „richtigen“ Schwierigkeiten tauchen auf, wenn es z.B. um Investments geht. monomeer wächst generisch, insofern müssen wir uns diesen Herausforderungen nicht stellen.
Bei einem Nachhaltigkeitsseminar sprach mich eine junge Teilnehmerin an, ob ich einen Tipp hätte, wie sie umweltschonend eine Weltreise machen könne. Sie möchte nicht fliegen, sagte sie, aber sie würde so gerne mal New York sehen! Es riss mir fast das Herz heraus. Ich, die ich in Australien, Neuseeland, in Kanada, vier Mal in den USA und davon drei Mal in New York war, auf Ibiza, Mallorca, in Nizza, London, Irland, Griechenland, Russland, Spanien, die von Dresden nach Zürich geflogen ist und von Zürich nach Berlin und das alles mehrfach und alles mit dem Flugzeug – was sollte ich dieser jungen Frau sagen? Es tut mir leid. Und ich erwarte nicht, dass ihr die Welt rettet.
Ich fliege nicht mehr, fahre so wenig wie möglich Auto, ich esse vegetarisch, fast ausschließlich bio und in der Regel nur europäische Lebensmittel, ich kaufe sehr wenig und wenn, meistens second-hand, Blumenerde immer ohne Torf. Ich wohne auf 40 Quadratmetern. In meinem Bürogebäude bin ich diejenige, die überall das Licht ausschaltet, ich gehe mit meiner eigenen Stoffserviette zum Mittagstisch und mit der Tupperdose zum Döner. Ich spreche Menschen an, die ihre Zigarettenkippe auf den Boden werfen. Und ich hole Plastiktüten aus der Biomülltonne.
Dass es bald ums Überleben geht. Wenn wir nicht sofort eine Vollbremsung hinlegen, werde ich es leider erleben, dass Nahrung und Wasser knapp werden. Da habe ich ehrlich gesagt einen etwas anderen Lebensentwurf.
Trendwende beim Müllaufkommen in Privathaushalten: Deutsche erzeugen so wenig Verpackungsmüll wie noch nie!